Tolkiens Englisch


Der Mann hinter dem „Herrn der Ringe“ war ein Meister der Erfindung. Aber woher nahm er seine Inspiration?

Seit Erscheinen des Films „The Hobbit: The Desolation of Smaug“ (dt. Titel: „Der Hobbit – Smaugs Einöde“) im Jahr 2013 steht der englische Autor hinter Bilbo Baggins erneut im Rampenlicht.

John Ronald Reuel Tolkien, besser bekannt als J. R. R. Tolkien, ist einer der berühmtesten Schriftsteller der englischen Sprache. Er rangiert nicht nur extrem hoch auf der Forbes-Liste reicher verstorbener Prominenter, sondern wurde von der Zeitung The Times auch als einer der „50 besten britischen Schriftsteller nach 1945“ geehrt.

Am bekanntesten ist Tolkien wahrscheinlich für seine facettenreichen und schier endlosen Worterfindungen. Die Welt der Hobbits beispielsweise ist voller fantastischer Charaktere und Bezeichnungen wie Orks, Hobbits und Ents. Die Namen der Figuren und Orte sind ein wichtiger Teil des von Tolkien gesponnenen sprachlichen Netzes.

Tolkien: Die wichtigsten Werke
Tolkien wird weithin als Erneuerer der Fantasy-Literatur verehrt und oft sogar als Begründer oder Vorreiter des Genres „High Fantasy“ oder „epische Fantasy“ bezeichnet. Im Großteil seiner Werke geht es um fiktive Welten, davon ist Arda und insbesondere die Region Mittelerde sicher die berühmteste.

Wenn Sie noch nie etwas von Tolkien gelesen haben, fangen Sie am besten
hiermit an:

  • The Hobbit (dt. Titel: Der kleine Hobbit, in neuerer Übersetzung: Der Hobbit oder Hin und zurück), 1936

  • The Lord of the Rings (dt. Titel: Der Herr der Ringe), 1954-55

  • The Silmarillion (dt. Titel: Das Silmarillion), posthum veröffentlicht

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…Beowulf: The Monsters and the Critics (dt. Titel: Beowulf: Die Ungeheuer und ihre Kritiker. Tolkien verteidigte und analysierte in dieser später veröffentlichten Vorlesung einen berühmten mittelalterlichen Text und trug somit zu dessen Wiederbelebung und neuerlichen Popularität in akademischen Kreisen im 20. Jahrhundert bei.

Tolkiens erfundene Sprachen
Schon gewusst?
– Tolkien konstruierte im Laufe seines Lebens mehr als 20 Sprachen.
– Er prägte den Begriff glossopoeia, der in etwa „Sprachkonstruktion“ mit künstlerischem Fokus bedeutet.
– Viele der tolkienschen Sprachen gehen auf deutsche und alte angelsächsische Wurzeln zurück. – Seine wohl berühmteste fiktive Sprache ist Elbisch, dessen Grammatik und Laute dem Finnischen und Walisischen recht nahestehen.
– Das Elbische enthält bei Tolkien sogar je nach Sprechergruppe mehrere verschiedene Dialekte und unabhängige Sprachformen.
– Auch Tolkiens Charaktere erfinden Sprachen: Sauron ist verantwortlich für die Schwarze Sprache, die er im Zweiten Zeitalter benutzte.
– Tolkien erfand außerdem neun Schriften:
1. Tengwar von Rúmil oder Sarati
2. Runen von Gondolin
3. Valmarische Schrift
4. Andyoqenya
5. Qenya
6. Das Neue Englische Alphabet
7. Das „Goblin-Alphabet“ in The Father Christmas Letters (dt. Titel: Die
Briefe vom Weihnachtsmann)
8. Tengwar von Feanor
9. Cirth von Daeron

Woher stammt Tolkiens Liebe für Sprachen?

Familie
Tolkiens Liebe für das Erfinden von Sprachen hat eine lange Geschichte. Als Jugendlicher begegnete er zum ersten Mal einem Sprachkonstrukt namens Animalic, das sich seine Cousinen Mary und Marjorie Incledon ausgedacht hatten.
Später erfanden er, Mary und andere eine neue und komplexere Sprache, die sie Nevbosh nannten. Die nächste erfundene Sprache, mit der Tolkien arbeitete, war Naffarin, seine eigene Schöpfung.

Hochschule
Tolkien schloss sein Englischstudium an der Universität Oxford mit Auszeichnung ab, und dort erwachte auch sein Interesse an der Komposition von Sprachen. Latein, Angelsächsisch, mittelalterliches Englisch und andere alte germanische Sprachen spielten eine wichtige Rolle in seinem Lernprozess und bildeten die Basis einer leidenschaftlichen wie auch analytischen Faszination an der Sprachbildung.

Das OED
Tolkien arbeitete für das Oxford English Dictionary – es war seine erste Stelle nach dem Hochschulabschluss, die er zwei Jahre lang behielt, wobei er hauptsächlich mit dem Buchstaben W beschäftigt war. Tolkiens Aufgabe bestand darin, die Etymologie, also die Herkunft der Wörter zu erforschen. Ihm wurden Wörter wie „walnut“, „walrus“ und „wampum“ zugewiesen; er muss seine Fähigkeiten bei der Untersuchung der verborgenen Geschichte der Sprache auf
beeindruckende Art unter Beweis gestellt haben. Bei diesem Job konnte er jedenfalls in kurzer Zeit sehr viel über Sprachkonstruktion lernen.

Beowulf und angelsächsische Wurzeln
Tolkien wurde schließlich zum Professor für englische Literatur an der Universität Oxford ernannt, und seine Leidenschaft für Etymologie und altenglische Wurzeln führten zu seiner Spezialisierung auf mittelalterliche
Formen des Englischen sowie germanische und angelsächsische Sprachen und
Literatur dieses Zeitalters.

Aus diesem Grund wurde die mittelalterliche „Fantasy“-Geschichte Beowulf mit ihren Monstern, Schlachten und alliterativen Texten zu einer seiner akademischen Stärken. Tolkien liebte dieses Werk und nutzte seine
unglaublichen etymologischen Kenntnisse, um die Kultiviertheit der Sprache darin aufzuzeigen.

„Orc“: doch keine Erfindung
Viele von Tolkiens Wortschöpfungen wurden ins Oxford English Dictionary aufgenommen. Davon ist „hobbit“ nur eines, das wie folgt erläutert wird:

Angehöriger eines fiktiven Volkes aus kleinen menschenähnlichen Wesen, die sich selbst als Hobbits bezeichneten (der Name bedeutet „Höhlenbewohner“), von anderen jedoch Halblinge genannt wurden, da sie nur halb so groß waren wie normale Menschen.

Viele der Wörter, die wir für geistreiche Erfindungen Tolkiens halten, gehen allerdings auf alte Wörter zurück, denen er während seiner Studien begegnete und die er auf seine eigene geniale Art neu belebte: „orc“ und „mathom“ zum Beispiel sind wiederentdeckte altenglische Wörter, die Leser und Zuschauer bis heute begeistern.