Sind Hamburger die besseren Briten?


Hamburg hatte schon immer den Ruf, sehr anglophil zu sein. Ginge es allein nach der Dichte der Barbour-Jacken, Hunter-Gummistiefel und Tweet-Jackets im Stadtbild dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass die Hanseaten einen sehr britischen Touch haben. Das mag natürlich auch am Wetter liegen, denn das ist dem auf der britischen Insel ganz schön ähnlich: Wolken, Sonne, Regenschauer und alles wieder von vorne. Außerdem gibt es etwa im Norden der Stadt nahe der Außenalster einige Straßenzüge, in denen man sich direkt nach Bayswater oder Notting Hill versetzt fühlen könnte.

Gleich zwei ehrwürdige Clubs pflegen in der Hansestadt die deutsch-englische Freundschaft, die hier eine lange Tradition hat. Auch weil die britische Besatzungsmacht das Nachkriegsbild in Hamburg prägte. Sie vergaben die ersten Zeitungslizenzen nach dem Krieg. Und fast jeder in Hamburg kennt die Clubs, in denen die Beatles 1960 ihre allerersten Konzerte gaben. Großbritannien ist nach wie vor drittwichtigster Handelspartner von Hamburg. Nach Berlin hat die Stadt die meisten Besucher von der Insel – nämlich über 150.000 pro Jahr. Kein Wunder, dass Englands Modedesigner Paul Smith vor ein paar Wochen in Hamburg seinen ersten Shop auf deutschem Boden eröffnete.

Seit 24 Jahren feiern Briten und Hanseaten ihre Freundschaft. Gerade kamen über 10.000 Brit-Fans in Klein-Flottbek beim traditionellen Festival „British Flair“ zusammen. Bei strahlend blauem Himmel und leichter Sommerbrise genossen Engländer und Hamburger zusammen ein Wochenende, bei dem der britische Lifestyle so gefeiert wurde, als sei er direkt einem Bilderbuch entsprungen. Kernige Männer in Schottenröcken übten sich im Baumstamm werfen, der Paddington Bear erfreute die Kinder und Menschen in Burberry-Karo und viel Tweed gehüllt standen Schlange für das englische Nationalgericht Fish’n Chips.

In zahlreichen aufgebauten kleinen Shops konnte man alles kaufen, was das britisch schlagende Herz begehrt. Damen zeigten sich entzückt über Hüte, die für den nächsten Termin auf der Pferderennbahn in Hamburg oder Ascot geeignet wären. Auch Accessoires in englischem Stil kamen gut an. Praktisch veranlagte Menschen schauten sich schon mal das Sortiment an Wachsjacken an, schließlich ist der Herbst nicht mehr weit. Und Liebhaber alter Autos durften in Oldtimern ein bisschen über den grasgrünen Rasen kurven.

Englisch hörte man allerdings bei dem Event erstaunlich wenig, dafür aber viele Engländer, die Deutsch mit entzückendem Akzent sprachen. Darüber wie gut denn die Hanseaten der englischen Sprache mächtig sind, gab die freundliche Dame vom British-Club Hamburg sehr diplomatisch Auskunft. „Quite well“, hieß es nur kurz, während ich – allerdings ohne großes Glück – das Fortune Wheel betätigte. An dieser Aussage merkt man übrigens den Hauptunterschied zwischen Briten und Hanseaten. Auch wenn die Hamburger als zurückhaltend und distinguiert gelten, direkter als die Briten sind sie allemal. Was viele Engländer, die in Hamburg leben, sogar sehr zu schätzen wissen. Trauen sich doch die Deutschen Dinge auszusprechen, bei denen Briten sich auf die Zunge beißen würden. So bleiben trotz Anglomania in Hamburg am Ende doch feine Unterschiede zu den Engländern bestehen. Diese dürften aber dazu führen, sich auch in Zukunft über den British Way of Life in Hamburg ausführlich auszutauschen.

image: Ingeborg Trampe